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Zwischen Fels und Wasser - Fotoprojekt Wilde Alb
Eigentlich klang der Plan sehr gut: Das tolle Spätsommerwetter nutzen und einen spektakulären Sonnenaufgang auf der Schwäbischen Alb genießen. Doch die Nacht war zu mild, von Frühnebel im Tal keine Spur. Und kurz bevor die ersten warmen Sonnenstrahlen über den Horizont wanderten sollten schon sich eine kleine aber ausreichend große Wolkenbank im Osten vors "Licht". Zum Glück haben wir auch Spaß wenn es mal fotografisch nicht so läuft und so genossen wir die spektakuläre Aussicht auf unser Projektgebiet. Danach ging es weiter gen Süden um sich dem Thema "Wasser auf der Alb" zu näheren. In unseren Fantasien waren die traumhaften Langzeitbelichtungen eines wilden Albbaches schon im Kasten, in natura sah dann alles weniger spektakulär und fotogen aus. Und selbst die Fahrt mit einem Boot in eine wasserspuckende Höhle klang in der Werbung am Höhleneingang dann doch viel gigantischer, als sie sich in der Realität herausstellte. Trotz mäßiger Bildausbeute tat es einfach mal wieder gut, einen Morgen auf der Schwäbischen Alb zu erleben... Alb, wir kommen wieder ;-)
Der Tag bricht an, am Traufe der Alb...
Fels und Buchenwälder - die zauberhafte Mischung des Albtraufs.
Doppelbelichtung
Felsen im ersten Licht der aufgehenden Sonne.
Aus Deutschlands größtem Karstgebirge sprudelt das glasklare Wasser ans Tageslicht.
Wasser mit flutenden Vegetation als Kontrast zum Felsen.
Eine Welt für sich auf der Alb - flutende Vegetation im Bach.
Albbach mit Sinterterassen und Pestwurzflur.
Gedrehte Schönheit - Fotoprojekt Wilde Alb
Sie ist eine Schönheit - doch kaum jemand hat sie bisher zu Gesicht bekommen. Das liegt nicht nur an Ihrer Seltenheit, im Nordosten von Baden-Württemberg gibt es vielleicht eine Hand voll Vorkommen, es liegt auch an ihrem kleinen und unscheinbaren Wuchs. Wer sie nicht aktiv in den lückigen und kurzrasigen Magerrasen sucht, läuft mit Sicherheit an ihr vorbei. Hat man sie gefunden sollte man sich die Mühe machen und sie aus nächster Nähe betrachten. Schnell erschließt sich dann der deutsche bzw. wissenschaftliche Name, denn bei den meisten Exemplaren sind die einzelnen Blüten spiralförmig um den Stängel angeordnet. Daher auch der Trivialname Drehwurz oder Schraubenstendel. Zwei Arten in der Gattung Spiranthes gibt es bei uns in Mitteleuropa: Die Sommer- und die Herbst-Drehwurz. Während die Sommer-Drehwurz (Spiranthes aestivalis) in kalkreichen Flachmooren vorkommt und bereits im Juli an wenigen Standorten vor allem im Süden von Bayern und Baden-Württemberg blüht, wächst die Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis) in kurzrasigen und oberflächlich entkalkten Magerrasen und blüht Mitte August. Damit ist sie einer der letzten Orchideen des Jahres und sie zu fotografieren war für uns ein grandioser Abschluss eines tollen Orchideenjahres auf der Schwäbischen Alb. Die Herbst-Drehwurz zählt zweifelsohne zu meinen "Lieblings-Orchideen".
Kleine weiße und sehr filigrane Blüten in spiralförmiger Anordnung zeichen sie aus: Die Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis).
"Jump" - Der kleine Blutsauger verdeutlich wie klein die Pflanzen tatsächlich sind.
Deswegen haben wir den weiten Weg auf uns genommen: Spiranthes vor Sonnenuntergang.
Kitsch?
Kurz nach Sonnenuntergang.
Ganz unbeobachtet waren wir beim Orchideenfotografieren nicht: Gemeine Sichelschrecke (Phaneroptera falcata).
Morgenstimmung im August
Mit einem Hauch von Spätsommer in Hohenlohe - bei frischen 10°C hat sich Bodennebel gebildet.
Alpenbock - Fotoprojekt "Wilde Alb"
Der Alpenbock (Rosalia alpina) ist ein stattlicher und einer unserer attraktivsten heimischen Bockkäferarten. Sein Lebensraum sind lichte und wärmebegünstigte Buchenwälder in alpinen bzw. subalpinen Lagen oder bei uns in der (Kalk-)Mittelgebirgen, wo er als Glazialrelikt gilt. Die Art ist nach Anhang II der FFH-Richtlinie europaweit und national streng geschützt. In Deutschland kommt die Art ausschließlich auf der Schwäbischen Alb und am Alpenrand in Bayern vor. Sie wird national wie auch in Baden-Württemberg in der Roten Liste als "2 - stark gefährdet" geführt. Somit steht die Art wie kaum eine andere für unser Fotoprojekt "Wilde Alb". Die Larven des Alpenbocks entwickeln sich in stehendem und liegendem, nicht verpilzten Totholz, wobei in Deutschland die Rotbuche (Fagus sylvatica) die Hauptbrutbaum darstellt. Auf bzw. am Rande der Schwäbischen Alb kann man die Käfer vor allem Mitte Juli - Mitte August an warmen Tagen auf gelagerten, in der Regel frisch geschlagenen, Buchenstämmen finden. Diese Eiablageplätze sind leider auch "Fallen", denn wenn das Holz abgefahren und verarbeitet wird ist es mit den Larven natürlich vorbei. Deshalb ist die entsprechende Waldbewirtschaftung mit Erhalt und Förderung von natürlichem (Buchen)-Totholz langfristig die beste Strategie, der Art ihren Lebensraum zu erhalten. Auch die gezielte Anlage von Totholzstapeln die eine Reife der Larve zulassen, können eine sinnvolle flankierende Maßnahme sein.
Fotografisch hab ich mich mit der Art schon vor ein paar Jahren beschäftigt, nun sollten es aber "besondere" und vor allem kreative Bilder für unser Fotoprojekt werden...
Der Alpenbock-Klassiker: Ein stattliches Exemplar auf einem schön gezeichneten Stamm.
Detailaufnahmen zeigen die ganze Pracht dieses wunderschönen Käfers.
Trotz seiner attraktiven Färbung verschmelzen die Käfer quasi mit der Färbung der Rinde der Buchenstämme.
Nachdem die "Standardaufnahmen" im Kasten sind beginnt man die Perspektive zu ändern.
Die Kopula kann relativ häufig beobachtet werden.
Die Fühler zeichnen die Art besonders aus: Selbst im Gegenlicht erkennt man ihn sofort - den Alpenbock.
Nach dem Gegenlicht und Scherenschnitt steigt der Anspruch: Wischeraufnahmen von laufenden Käfern - eine fotografische Herausforderung.
Es ist alles andere als einfach, die perfekte Balance zwischen verwischtem Untergrund und ausreichend scharfen Käfern zu realisieren.
Alpenbock kreativ.
Nachfolgender Film enthält Szenen, die für Zuschauer unter 18 Jahre nicht geeignet sind ;-)
Phantom des Waldes
Seit Jahren kenne ich diese Libellenarten von Abbildungen in Bestimmungsliteratur und bin seitdem fasziniert: Die beiden bei uns heimischen Quelljungferarten. Doch noch nie hatte ich eine der beiden Arten in natura gesehen geschweige denn mir die Mühe gemacht, die beiden Arten explizit zu suchen. Meine letzte visuelle Begegnung mit der Art war ein tolles Foto von einem Bienenfresser mit Quelljungfer im Schnabel - was für ein Bild! Ganz aktuell wurde das Interesse an der Gattung durch ein beeindruckendes Foto eines befreundeten Fotografen (und Libellenexperten) bei mir geweckt: Eine frisch geschlüpfte Zweigestreifte Quelljungfer - der Wahnsinn! Natürlich fragte ich sofort bei ihm nach wo er das Bild gemacht hat und wie man die beiden Arten den finden kann. Die Antwort war ernüchternd: Beide Arten sind nicht selten aber die Suche nach den Tieren, insbesondere den Adulten, ist alles andere als ein Kinderspiel. Beide Arten besiedeln die Oberläufe und Quellbereiche kleiner (Wald-)Bäche mit entsprechendem Feinsediment. Am leichtesten kann man noch die Larven im Sediment finden, aber die Individuendichten sind niedrig und so kann man sich stundenlang durchs dornenreiche Unterholz schlagen... Doch das Interesse war geweckt und ich durfte Ihn auf eine Tour an kleine Sandbäche im Keuperbergland im Nordosten von Baden-Württemberg begleiten. Dort suchten wir eine Sandbank nach der anderen ab, da die Larven sich ins Feinsediment eingraben. Und nach relativ kurzer Zeit wurden wir fündig: Meine erste Quelljungfer(larve).
Larve der Zweigestreiften Quelljungfer (Cordelugaster boltonii).
Die Suche ging weiter und wir konnten weitere Larven der Zweigestreiften Quelljungfer finden, von den Adulten fehlte aber jede Spur. Nur die ein oder andere Blauflügel-Prachtlibelle querte unseren Weg. Während ich Bachschlinge für Bachschlinge nach den Larven im Sediment suchte dann auf einmal ein Rufen aus dem Unterholz: Quelljungfer!!! Ich flitzte durch die Brombeeren und die Naturverjüngung und stand plötzlich auf einem halb zugewachsenen Hangweg im Wald, an dessen Rand etwas Wasser aus einer Quelle entlang floß - wobei fließen bei dem bißchen Wasser etwas übetrieben war. Nur wenige Meter daneben ein Weibchen der Gestreiften Quelljungfer (Cordelugaste bidentata), die eine Pause von der Eiablage machte. Der Kollege hatte sie bei der Eiabalage im Gerinne neben dem Hangweg entdeckt. Quelljungfern sind keine ausdauernden Flieger, weshalb sie sich immer wieder in die Vegetation für eine längere Pause niederlassen. Doch wer jetzt denkt man müsse nur entlang geeigneter Bäche durch den Wald laufen und nach sitzenden Quelljungfern suchen der irrt: Die schwarz-gelbe Färbung der Libelle ist im Unterwuchs in einem Spiel aus Licht und Schatten die perfekte Tarnung. Und obwohl die Libellen zu den größten Exemplaren der heimischen Libellenfauna zählen, werden sie im Wald quasi unsichtbar: Phantom des Waldes.
Natürlich hatte ich bei der beschwerlichen Suche die Fotoausrüstung im Auto gelassen. So flitzte ich im Rekordtempo durch das Dickicht und betet zu Gott, dass die Quelljungfer die Pause bis zu meiner Rückkehr nicht beendet hatte. Super Idee natürlich, ne kurze Hose anzuziehen ;-) Keuchend kam ich mit dem Fotozeug zurück und konnte gerade noch ein paar Belegaufnahmen machen, da erhob sich die Damen und schwebte gen Baumkronen davon. Trotz der miesen Bilder: Der Quelljungfervirus hatte mich infiziert...
Erstbegegnung mit der Gestreiften Quelljungfer (Cordelugaster bidentata), ein Weibchen.
Doch meine erste Quelljungfer-Tour sollte noch weitere Überraschungen bereit halten. An einem weiteren kleinen Bach kam sie dann auf einmal angeschwebt: Ein Weibchen der Zweigestreiften Quelljungfer patrouillierte über das Gewässer. Auch die Eiablage konnten wir beobachten und zumindest fotografisch dokumentieren. Absolut beeindruckend, wie die Weibchen senkrecht in einem stetigen Rhythmus ins Wasser stechen um mit dem pflugähnlichen Hinterleibsanhang die Eier ins feine Sediment zu legen. Dabei tauchen die Tiere fast vollständig ins Wasser ein. Was für ein Schauspiel. Und auch ein Männchen sollte uns noch begegnen - was für ein Erlebnis!
Weibchen der Zweigestreiften Quelljungfer (Cordelugaster boltonii) bei der Eiablage.
Zurück in Stuttgart kam mir der Gedanke, dass es auch in den Wäldern im Westen der Landeshauptstadt theoretisch geeignete Gewässer für Quelljungfern gibt. So hatte ich mir vorgenommen in meinem Urlaub eine Nachsuche zu starten. Die bisherigen Verbreitungskarten die mir bekannt waren zeigten nur gähnende Leere in den Messtischblättern in Stuttgart. Aber das soll ja bei dieser Art nichts heißen.
Mit meinem vollbepackten Rad (Fotoequipment, Gummistiefel etc.) ging es los. Und schon am zweiten Bach wurde ich fündig: Mein erster eigener Quelljungfernachweis überhaupt, die Larve eine Gestreiften Quelljungfer.
Larve der Gestreiften Quelljungfer (Cordelugaster bidentata). Zu erkennen an den parallel liegenden Flügelstummeln.
Und so durchstreifte ich systematisch die Wälder im Westen von Stuttgart auf der Suche nach Quelljungfern. Viele hunderte von Metern kletterte ich durch das Unterholz, konnte aber keine weiteren Larven finden. Als ich an einer Ecke zum benachbarten Landkreis Böblingen war, entdeckte ich auf der Topographischen Karte eine eingezeichnete Quelle. Ich stieg vom Rad, lief durch einen eher mäßig geeigneten Bach und den gegenüberliegenden Hang hoch um die Quelle zu suchen. Ich entdeckte eine schöne kleine und stark bemooste Sinterterrasse mit einem kleinen Rinnsal. Doch das Substrat im Rinnsal sah wenig geeignet für die Larven aus. Ich wollte schon wieder umdrehen, da hörte ich aus der Ferne ein Plätschern. Die Quelle schien weiter oben am Hang doch gefasst zu sein. Ich kletterte weiter und kam auf einen quer kreuzenden Waldweg. Direkt dahinter eine kleine Lichtung am Hang an dem das Wasser fein heraussickerte. Daneben ein Rohr aus dem einige Liter pro Sekunde in ein gemauertes Becken flossen. Die Quelle aus der Karte war entdeckt - ein idyllisches Fleckchen mitten im Wald. Und während ich da so auf dem Weg stand kam sie geflogen: Ein prächtiges Männchen der Gestreiften Quelljungfer patrouillierte die kleine Lichtung ab. Wie von der Tarantel gestochen rannte ich den Hang wieder hinunter zum Fahrrad. Schob dieses im Eiltempo einen Fußpfad den Hang hoch und kramte die Kamera heraus. Glück gehabt, die Quelljungfer flog immer noch ihre Runden und ließ sich dann auch direkt vor mir nieder. Ziemlich aufgeregt drückte ich den Auslöser durch und pirschte mich heran. Nach den ersten "Sicherheitsbildern" versuchte ich die Libelle etwas besser ins Szene zu setzen, aber bei einem Ast direkt in der Vegetation kein leichtes Unterfangen. So versuchte ich quer durch die Halme zu halten.
Männchen der Gestreiften Quelljungfer (Cordelugaster bidentata).
Nach einer weiteren Flugrunde ließ sich das Exemplar erneut nieder. Dieses Mal saß sie freier, aber die Position war wieder eine fotografische Herausforderung:
Eine wahnsinnig tolle Libelle vor einem wahnsinnig "bescheidenen" Hintergrund.
Mit einer Mischung aus Freude und Frust umtanzte ich das Exemplar auf der Suche nach einer Perspektive welche einen einigermaßen ruhigen Hintergrund bot. Die Libellen zu finden ist die erste Hürde, die Libellen dann noch fotogen abzulichten die zweite und vielleicht die noch viel schwierigere. Die Tiere suchen sich nicht nur Sitzwarten in der Vegetation, sie fliegen auch nur vom späten Vormittag bis in den Nachmittag hinein - in dieser Zeit liegt meine Kamera zumindest im Juni - Juli in der Fototasche. So kämpft man nicht nur mit dem Hintergrund sondern muss auch noch hartes Licht meistern.
Das selbe Exemplar am selben Ast - mit Besucher.
Okay, das ist alles andere als Naturfotografie auf hohem Niveau, aber besser als nichts. Die Tiere verbringen die Nacht wohl in den Wipfeln der Bäume weshalb man die Idee, die Tiere in schönstem Morgenlicht mit Tau abzulichten, gleich wieder beerdigen kann. Eine echte Herausforderung die heimischen Quelljungfern fotografieren - im nächsten Jahr will es wieder versuchen... Die Story soll aber auch noch etwas anderes zeigen: Es geht nicht nur um das ausgewöhnliche bzw. beste Bild - Natur(fotografie) bietet so viel mehr, nämlich unvergessliche Erlebnisse mit ganz besonderen Tieren in unserem direkten Umfeld. Das Männchen saß nur ungefähr zwei Kilometer von meiner Haustüre entfernt - das hätte ich zwei Wochen vorher nicht einmal geahnt.